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Stellvertreter Gottes: Würde und Aufgabe des Menschen

Muna Tatari, Andreas Renz
Die Frage nach dem Verständnis des Menschen ist grundlegend für das Verhältnis und das Zusammenleben von Christen und Muslimen. Gibt es eine gemeinsame Basis, von der aus die Würde des Menschen begründet und verteidigt werden kann? Können Christen und Muslime gemeinsame Aussagen über die Aufgabe und Bestimmung des Menschen machen? In drei Schritten werden in diesem Beitrag die Aspekte Geschöpflichkeit und Würde, Freiheit und Verantwortung, Sünde und Glaube des Menschen jeweils aus christlicher und muslimischer Sicht beleuchtet.
Veröffentlicht im Mai 2014
Aktualisiert im März 2023
Zitierlink: https://handbuch-cid.de/stellvertreter-gottes-wurde-und-aufgabe-des-menschen/

Einleitung

Der Mensch wird in Christentum und Islam im Horizont der Offenbarung Gottes gesehen, denn sie zielt letztlich auf ihn, will von ihm aufgenommen und beantwortet werden. Reden über Gott (Theologie) ist somit immer auch Reden über den Menschen (Anthropologie) und umgekehrt. Beide Religionen beanspruchen, den Menschen im Unterschied zu den Naturwissenschaften nicht nur unter bestimmten Aspekten, sondern ganzheitlich, in seiner Personalität und Transzendentalität, zu beschreiben und das heißt wiederum, man kann vom Menschen letztlich nicht sprechen, ohne von seiner von Gott gegebenen Bestimmung zu sprechen: Menschliches Sein ist Sein vor Gott und Beziehung zu ihm, auch noch in der Negation dieser Beziehung durch den Menschen.

Im Menschenbild aber wurde in der Vergangenheit und wird nicht selten bis heute auch ein großer Unterschied zwischen Christentum und Islam gesehen: Als Beleg dafür wird angeführt, dass der Islam den Begriff der Gottebenbildlichkeit ebenso ablehne wie den Begriff der »Erbsünde«. Der Islam habe ein fatalistisches Menschenbild, weil er die Allmacht Gottes überbetone und andererseits doch das Heil von den menschlichen Werken abhängig mache. Andererseits wird dem Christentum wegen der Erbsündenlehre vorgeworfen, ein negatives Menschenbild zu haben. Die christologische Überhöhung der Person Jesu bedeute eine Absage an ein realistisches menschliches Vorbild.

1. Geschöpflichkeit und Würde des Menschen

1.1 Christliche Aspekte

In zeit- und kulturbedingter, mythologischer Sprache bringen die biblischen Schöpfungsberichte (Gen 1–2) zum Ausdruck, dass der Mensch kein Zufallsprodukt der Natur, sondern ein vom guten Schöpfergott gewolltes Wesen ist. Der Mensch ist endliches, abhängiges Geschöpf und damit fundamental unterschieden vom Göttlichen. Er trägt den »Lebensgeist« in sich, doch das biblische Menschenbild kennt keinen Dualismus von Geist / Seele und Leib, beide Aspekte bilden vielmehr eine komplementäre und organische Einheit. Dazu gehören auch die geschlechtliche Orientierung und die Sexualität, die von Gott gegeben und damit auch gut sind (vgl. Ströbele u.a. 2021).

In seiner Geschöpflichkeit und Lebendigkeit ist der Mensch auf Gott hin ausgerichtet und auf Gott angewiesen: Gott sorgt für den Menschen, spricht ihn an, ist sein Gegenüber und Partner, will die Gemeinschaft mit ihm. Der Mensch ist für diese Beziehung – und darin unterscheidet er sich vom Tier – mit Vernunft und Sprache ausgestattet, er ist Person. Wesensmäßig offen für andere, ist er ein dialogisches, soziales Wesen, fähig zur Liebe. Diese soziale Grunddimension und Personalität des Menschen zeigt sich in der Geschlechtlichkeit, in der Beziehung und Gemeinschaft von Mann und Frau und in der Familie (▸ Themen, Artikel 2.11) bis hin zur universalen Menschheitsfamilie.

Die biblische Anthropologie bringt all diese Besonderheiten des Menschen in der Spitzenaussage von dessen »Gottebenbildlichkeit« (Gen 1,26f; 9,6; Ps 8; Sir 17,1–10) zum Ausdruck. Man würde weder der Göttlichkeit Gottes noch der Geschöpflichkeit des Menschen gerecht, wollte man diesen Ausdruck wörtlich verstehen. Die moderne biblische Theologie sieht in dieser Aussage die besondere Stellung und Berufung des Menschen formuliert: Er ist von Gott als dessen Sachwalter, als Statthalter oder Stellvertreter auf Erden eingesetzt – ein Herrschaftsauftrag, der aber nicht – wie lange Zeit und allzu oft – im Sinne der Ausbeutung der Erde und der geschöpflichen Mitwelt missverstanden werden darf, sondern im Sinne der verantwortlichen Fürsorge. Der Mensch ist verantwortlich für seine Um- und Mitwelt und verantwortlich vor seinem Schöpfer. Er ist nicht Eigentümer, sondern Verwalter der Erde, der für sein Verhalten zur Rechenschaft gezogen wird (vgl. Renz, An-Spruch, 2002, 358-367).

In dieser Aufgabe, die nur ihm zukommt, liegt die einzigartige Bedeutung, die unvergleichliche Würde des Menschen, die ihm von Gott verliehen ist und damit von niemandem genommen werden darf und kann, selbst wenn der einzelne gegen seinen Auftrag verstößt. Allerdings sieht erst die neuzeitliche christliche Theologie diesen Zusammenhang zwischen Gottebenbildlichkeit und Würde des Menschen, aus der dann dessen Gleichheits- und Freiheitsrechte abgeleitet werden (▸ Themen, Artikel 2.8). Die christliche Anthropologie aber geht noch tiefer und sieht in der Menschwerdung des göttlichen Wortes in der Person Jesu eine unvergleichliche Würdigung des Menschen: Gott identifiziert sich mit dem Menschen bis in das Leiden und in den Tod hinein, er wurde den Menschen zum Bruder und umgekehrt begegnet im Mitmenschen Christus und damit Gott selbst (vgl. Mt 25). Jesus Christus ist aus christlicher Sicht der »vollkommene«, weil »gottentsprechende Mensch«. Ihm nachzufolgen heißt, zu dem Menschen zu werden, als den Gott uns gewollt hat: als Liebender.

1.2 Muslimische Aspekte

Vorstellungen, von dem, was religiös, ethisch, rechtlich und spirituell Menschsein bedeuten und bestimmen kann, gewinnt die islamische Theologie immer auch im Rückbezug auf den Koran. Die in dieser Hinsicht aussagekräftige paradigmatische Adamserzählung wird an vielen Stellen mit jeweils unterschiedlichen Akzenten dargelegt. Der Schöpfungsplan Gottes, den Menschen zu erschaffen, wird in Sure 2,30–39 mittels der Figur der Engel zunächst mit Zweifel und Bedenken kommentiert, die aufgrund des ambivalenten Potenzials des Menschen auch ihre Berechtigung zu haben scheinen. Die negativen Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten, wie sie der Text vermittelt, werden von Gott auch nicht negiert, sondern aufgenommen und in einen größeren Kontext gestellt. Im Fortgang der Geschichte offenbart sich der vertrauensvolle Zuspruch Gottes in das Gute aller Menschen: Der Mensch ist nicht nur vernunftbegabt und mit kreativen Fähigkeiten ausgestattet, er wird auch gezeichnet als ein Wesen, das trotz seiner Schwächen immer wieder in der Lage gesehen wird, für Gottes Weisung empfänglich zu sein.

In der Ermutigung Gottes, dass der Mensch, so er seiner inneren Natur (fiṭra) folgt (vgl. Sure 30,30), einen Weg zu Gott finden wird, liegt der Grundstein der islamischen Anthropologie. Er besteht darin, dass der Mensch in die Verantwortung gerufen ist, die von Gott im Menschen angelegte Gottverbundenheit und Gottessehnsucht zu pflegen und zu gestalten. Der Mensch ist auf diesem Lebensweg nicht allein gelassen. Er hat Gottes Versprechen, dass er als sein Schöpfer, Erhalter und Vollender (rabb) immer wieder Weisung und Orientierung geben wird. Der Koran, der die dialogische Beziehung zwischen Gott und Mensch veranschaulicht, ist eine der vielen Kommunikationswege Gottes (vgl. Sure 42,51). Er bleibt als Offenbarungsschrift lebendig durch das Bemühen der Menschen aller Zeiten, seinen Worten durch ihren reflektierenden und gestaltenden Umgang mit ihm einen Raum in ihrem Leben zu geben.

Unter der vorrangigen Perspektive, dem Schöpfungsplan Gottes zu entsprechen, leitete die islamische Theologie aus ihren Quellen grundlegende Werte ab, mit denen die gottgegebene Würde jedes Menschen (vgl. Sure 17,70) zu sichern sei: den Schutz des Lebens, der Vernunft, der Religion, der Familie und des Besitzes. Unter neuzeitlicher Perspektive versuchen zeitgenössische theologische Entwürfe auf dieser Basis eine Öffnung zu philosophisch-säkularen Menschenrechtsdiskussionen herzustellen (vgl. Abou El Fadl, Rights, 2003, 301–364). Gleichzeitig ist es die bleibende Aufgabe der Theologie, auch den Anspruch des anderen zu bedenken, um den vielschichtigen Dependenzen, in denen sich ein Individuum entwickelt, angemessen Rechnung tragen zu können. Der koranische Begriff haqq, der sowohl Recht als auch Pflicht bedeutet, weist auf diese wechselseitigen Inanspruchnahmen hin (vgl. Rahman, Themes, 1980, 37–64).

2. Freiheit und Verantwortung des Menschen

2.1 Christliche Aspekte

Die mit der Gottebenbildlichkeit des Menschen verbundene oder ausgedrückte Verantwortlichkeit setzt zumindest ein ausreichendes Maß an Willens- und Handlungsfreiheit voraus, andernfalls wäre die dem Menschen gestellte Aufgabe nicht nur ungerecht, sondern letztlich auch sinnlos. Die biblischen Schriften reflektieren noch nicht ausdrücklich und systematisch die Frage nach dem Verhältnis von menschlicher Freiheit und göttlicher Allmacht, erst für die christliche Theologie vor allem des Mittelalters und der Neuzeit wird dies zum Problem. Es gab unterschiedliche Antwortversuche und Lösungsansätze, doch vor allem mit dem Kirchenlehrer Augustinus (gest. 430) wird zumindest in der westkirchlichen Theologie über die Reformationszeit hinaus jene Auffassung dominierend, die die menschliche Freiheit durch die Ursünde verloren sieht und alles von der göttlichen Allmacht und Gnade abhängig macht. Calvin geht gar von einer »doppelten Prädestination« des Menschen zu Heil oder Unheil aus. Erst die moderne Theologie gewinnt das biblische Gleichgewicht zurück und betont wieder stärker die von Gott geschenkte und damit abhängige Freiheit des Menschen: nicht Freiheit gegen Gnade, sondern Freiheit in Gnade. Denn letztlich will Gott die Liebe des Menschen, Liebe aber ist nur in Freiheit möglich (vgl. Renz, An-Spruch, 2002, 378–411).

2.2 Muslimische Aspekte

Die Verantwortung des Menschen, die Schöpfung nach der Vision Gottes von Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Liebe zu gestalten, bündelt sich im koranischen Begriff des khalīfa. Die gängige Übersetzung ins Deutsche als »Stellvertreter« wird dann ihrem theologischen Gehalt gerecht, wenn sie mit der Vorstellung konnotiert ist, dass der Mensch aufgerufen ist, den göttlichen Schöpfungsplan zu ergründen und Gott auf diesem Weg menschlicher Erkenntnis- und Handlungsfähigkeit zuzuarbeiten. Der große mittelalterliche Gelehrte al-Ghazālī (gest. 1111) sieht diese Korrespondenz darin begründet, dass der Mensch nach dem Bilde Gottes, des Barmherzigen, geschaffen wurde, und zwar ausgehend von der koranischen Schöpfungserzählung (vgl. Sure 2,30–39), indem er die Namen, die Gott lehrt, als die 99 Namen Gottes interpretiert, die mit Gottes lebenspendendem Atem auch im Menschen angelegt sind. Der Mensch kann so zum einen seine Korrespondenz zu Gott entdecken, im menschlichen Gegenüber die göttliche Fülle erahnen und entsprechend dieser Korrespondenz verantwortungsvoll und achtsam (taqwā) in der Schöpfung handeln (vgl. al-Ghazālī, Elexier, 1989, 35, 49). Dieses Vertrauenspfand Gottes (amāna), das der Mensch annimmt, macht ihn potenziell zu etwas Besonderem in der Schöpfung, und zwar in dem Maße, in dem er sich seiner selbst in dieser Hinsicht bewusst wird.

Inwieweit für diese Aufgabe die menschliche Willensfreiheit eine unabdingbare Voraussetzung ist, hat die islamische Theologie unterschiedlich beantwortet. Einerseits hat eine der großen theologischen Schulen (die ʽarīya) einen Weg zwischen vollkommener Willensfreiheit und absoluter Prädestination über das Konzept der willentlichen Aneignung von Gott geschaffener Handlungen (kasb) gesucht. Andererseits hat es seit den Anfängen der islamischen Theologie auch die Ansicht gegeben, dass eine – wenngleich auch nicht absolut verstandene – Willens- und Handlungsfreiheit Voraussetzung für die Übernahme von Verantwortung und unabdingbar für das Prinzip der Gerechtigkeit ist (so die Qadarīya und Muʽtazilīya).

3. Die Schwäche des Menschen

3.1 Christliche Aspekte

Die Bibel weiß nicht nur um die Gutheit der Schöpfung, die auch den Menschen umfasst (vgl. Gen 1,31), sondern auch um die Schwäche des Menschen: Der Ungehorsam gegenüber Gott in der Sündenfallerzählung (Gen 3,1–24), die Erzählung vom ersten Mord (Gen 4,1–16), die Bosheit der Menschen zur Zeit Noahs (Gen 6ff ), die Selbstüberschätzung der Menschen beim Turmbau zu Babel (Gen 11,1–9) – all dies will die gegenwärtige Konstitution und Situation des Menschen in seiner Gebrochenheit beschreiben und erklären. Der Mensch ist nicht so, wie Gott ihn geschaffen und gewollt hat, und dies kann nur auf den menschlichen Willen zurückgeführt werden. Der Kern dieser menschlichen Schwäche liegt darin, die eigene Bedingtheit und Begrenztheit nicht anzuerkennen, sich über Gott und die Mitgeschöpfe hinwegzusetzen und zu erheben, und damit die Beziehung zu diesen durch Hochmut, Neid, Hass zu stören oder gar zu zerstören.

Ist dieser Prozess der Beziehungsstörung erst einmal in Gang gesetzt – biblisch in der Erzählung von der Ur-Sünde dargestellt –, verstrickt sich der Mensch immer mehr in Schuld, kann er sich selbst nicht mehr aus der Situation befreien und wird immer unfreier. Die biblische Grundüberzeugung ist, dass allein Gott den Menschen aus dieser Situation der Verstrickung befreien und erlösen kann durch sein Zugehen auf den Menschen, seine Versöhnungsbereitschaft ohne Vorbedingungen. Immer wieder eröffnet Gott einen neuen Anfang, wovon die Bundesschlüsse mit Noah, Abraham, Mose, die Heilsbotschaft der Propheten und die Riten der Versöhnung zeugen. Aus christlicher Sicht ist Jesus Christus das definitive wirksame Zeichen dieser bedingungslosen Barmherzigkeit und Liebe Gottes: Gott bietet durch ihn dem Menschen »Erlösung« von Schuld und Sünde an, damit wieder eine heile Beziehung zwischen ihm und dem Menschen und zwischen den Menschen untereinander möglich wird.

Der traditionelle christliche Begriff der »Erbsünde« verstellt dabei nicht nur im Kontext des Dialogs mit dem Islam die eigentliche Bedeutung der christlichen Sünden- und Heilslehre, weil er missverständlich ist und mit unbiblischen Aspekten transportiert worden ist: Es geht nämlich nicht um die Vererbung von Schuld – das wäre ein Widerspruch zur Freiheit und Verantwortlichkeit des Menschen –, auch nicht um die auf Augustinus zurückgehende Verbindung der Schuld mit der geschlechtlichen Begierde beim Zeugungsakt, die zu einer verhängnisvollen Abwertung der Sexualität und besonders des Weiblichen im westlichen Christentum geführt hat. Der Begriff der »Erbsünde« sollte aufgrund dieser »Erblast« und seiner Missverständlichkeit nicht mehr verwendet werden (vgl. Renz, An-Spruch, 2002, 412–443).

Dennoch scheint es einen Unterschied oder zumindest eine unterschiedliche Akzentsetzung zwischen christlichem und islamischem Sündenbegriff zu geben: Erscheint das islamische Sündenverständnis aus christlicher Sicht eher individualistisch, so will die christliche Sündenlehre die universale, radikale, soziale und strukturelle Dimension von Sünde und Schuld bewusstmachen. Universalität heißt in diesem Fall: Kein Mensch, mit Ausnahme von Maria und Jesus, ist frei von Sünde. Radikalität heißt: Es geht nicht nur um oberflächliche Vergehen, um Gebotsverstöße, sondern um tiefgreifende Verfehlungen, die die ganze Person und seine Beziehungen betreffen. Die soziale und strukturelle Dimension schließlich will bewusst machen, dass der Mensch zwangsläufig in Beziehungen und Strukturen steht, die ein schuldhaftes Handeln begünstigen oder gar unausweichlich machen (Beispiel Umweltverschmutzung, ungerechter Welthandel). All diese Dimensionen von Sünde und Schuld verdeutlichen: Der schuldig gewordene Mensch ist auf Vergebung durch diejenigen angewiesen, denen gegenüber er schuldig geworden ist. In Jesus Christus ist uns die Vergebungsbereitschaft Gottes zugesagt, die Voraussetzung ist für die Kraft zur zwischenmenschlichen Vergebung.

3.2 Muslimische Aspekte

Der Mensch handelt nach koranischer Auffassung nicht absichtlich böse (Sure 20,115). Allerdings sind es seine allzu menschlichen Schwächen wie Ignoranz, Überheblichkeit, Anmaßung und Unersättlichkeit, die ihn immer wieder von Gott entfernen. Damit ist nach koranischer Vorstellung in der Regel auch das Beziehungssystem (dīn), in das der Mensch eingebunden ist und das neben der Beziehung des Menschen zu Gott auch die Beziehung zu sich selbst, den Mitmenschen, den Pflanzen und Tieren und der Schöpfung an sich umfasst, empfindlich und gegebenenfalls auch nachhaltig gestört. Dieses Oszillieren des Menschen zwischen seinen Möglichkeiten, Gott näher zu stehen, als es die Engel tun (vgl. Sure 5,54) oder auf eine der niedrigsten Ebenen zurückzufallen (vgl. Sure 95), macht ganz grundsätzlich sein Dasein aus. In der islamischen Konzeption scheint die Prozesshaftigkeit zwischen dem nie absolut gedachten Bösen – auch Kain wird nicht als der absolut Böse dargestellt – und nie absolut Guten – auch der Prophet Muhammad hat gefehlt – besonders betont. Hier liegt womöglich eine Differenz zu den christlichen Entwürfen, die das Menschenbild zunächst von seinem Scheitern erschließen und dann weitere Ausdifferenzierungen vornehmen.

Gott, so legt die koranische Adamserzählung nahe, erwartet keine Perfektion im Sinne eines unfehlbaren Menschen, wohl aber eine eigene Anstrengung (dschihād), Gott so nahe als möglich zu kommen, also das Beste aus sich zu machen und die eigenen destruktiven Impulse nach Kräften zu bändigen. Al-Ghazālī beschreibt diesen dschihād als Weg der Selbsterkenntnis und Selbsterziehung. Der Mensch weiß sich bei dieser Anstrengung jedoch vom reichen Segen Gottes begleitet, der im Koran verspricht, dass jede noch so kleine Bewegung zum Guten mehrfach durch Gottes Segen verstärkt wird. Gott kann, da er die Sehnsucht des Menschen nach ihm als Teil seiner Natur erschaffen hat, als initiale Kraft dieses Bemühens verstanden werden.

Diesem tendenziell positiven Menschenbild, das der Koran vermittelt, steht das große Leid der Menschen entgegen, das andere Menschen verursachen. Auch wenn der Mensch sich nach besten Kräften bemüht, es bleibt augenscheinlich ein Überschuss an unerlöstem Leid, das – spätestens in eschatologischer Perspektive – zurück in Gottes Hand fällt. Vergebung und Versöhnung aufgrund von Einsicht und Reue können auch dann noch geschehen (vgl. Khorchide, Jenseits, 2011), sie sind aber islamisch nicht ohne die Mitwirkung aller Beteiligten zu denken. Gott vergibt, anders formuliert, nicht am Opfer vorbei (vgl. Abou El Fadl, Conference, 2001, 107). Die Vorstellung von einer ewig währenden Hölle wird innerislamisch kontrovers diskutiert. Letztendlich setzen alle islamischen theologischen Strömungen in unterschiedlichem Maß neben der Gerechtigkeit Gottes ihr Vertrauen in seine Barmherzigkeit und Liebe.

4. Glaube und Handeln des Menschen

4.1 Christliche Aspekte

Zeichnet den Menschen seine Freiheit und Vernunft, seine Personalität und Beziehungsfähigkeit aus, so auch seine Fähigkeit zu Vertrauen und Liebe. Ja, der Mensch ist aus christlicher Sicht dazu geschaffen und bestimmt, Gott und seine Mitmenschen zu lieben. Die Liebe zu Gott drückt sich im Vertrauen und in der ausschließlichen Bindung an ihn aus, im Glaubensakt. Glaube meint nicht ein Meinen und auch nicht ein bloßes Für-wahr-Halten von Glaubensinhalten. Der Glaube ist vielmehr ein aktives, ganzheitliches Geschehen: ein Vertrauen und Lieben im Herzen, eine Erkenntnis des Geistes, ein Bekennen der Lippen, eine Bewegung des Körpers, also ein Handeln der ganzen Person. Auf diesem Hintergrund ist der alte innerchristliche Streit um das Verhältnis von Glauben und Werken obsolet: Wahrer Glaube drückt sich im entsprechenden Handeln aus, und das Handeln ist die Frucht des Glaubens. Jesus Christus bringt dies mit dem Doppelgebot der Gottes- und der Nächstenliebe auf den Punkt und fasst so das mosaische Gesetz und die Propheten zusammen (vgl. Mk 12,29–31; Mt 22,40).

Der Mensch aber, so die gemeinsame christliche Grundüberzeugung, kann dieses Doppelgebot nicht aus sich heraus erfüllen, sondern die Kraft dazu muss ihm von Gott geschenkt werden: Es ist der Geist Gottes, der im Menschen die Liebe bewirkt. Der Mensch aber muss sich für dieses Wirken Gottes in ihm öffnen, muss in sich Raum schaffen für Gott. Glaube wird so zur Hinwendung des Menschen zu Gott als Antwort auf die rufende Hinwendung Gottes zum Menschen. Durch den Glauben tritt der Mensch in das Heilsverhältnis zu Gott ein, auf dessen Vollendung und Erfüllung am Ende der Zeit er hofft und vertraut.

4.2 Muslimische Aspekte

Nach einer Überlieferung, die Muhammad zugeschrieben wird, besteht der Glaube (imān) aus »Erkenntnis im Herzen, Bekenntnis mit der Zunge und Verwirklichung mit allen Fähigkeiten« (vgl. Rudolf, Al-Māturīdī, 1996, 128–129). Es entspricht der koranischen Formulierung von »denen, die glauben und gute Werke tun« (Sure 2,62; vgl. Izutsu, Concepts, 2002, 204). Glaube und Handeln werden koranisch als eine untrennbare Einheit verstanden. Die vertrauensvolle Bindung an Gott wird dabei als befreiender Akt verstanden: Eine Abwendung von den Götzen der Zeit, die nicht allein auf theologischer Ebene geschieht, sondern auch ein Lossagen von Ideen, Institutionen und Menschen bedeutet, denen unangemessen göttliche Verehrung zuteil wurde. Dabei wurde das der inneren Ausrichtung entsprechende Handeln koranisch nie auf Gott hin allein verstanden: Diese Befreiung aufgrund des Imperativs der Gerechtigkeit sollte auch immer eine gesellschaftspolitische Dimension um der Menschen willen haben (vgl. Sure 107). Die islamische Theologie hat die Motivation für ethisches menschliches Handeln in weiten Teilen in einer Furcht begründet gesehen, vor Gott nicht bestehen zu können, und gleichzeitig von der Hoffnung getragen verstanden, vor Gott im Licht seiner Barmherzigkeit angenommen zu sein.

Die Mystikerin Rabia von Basra (gest. 801) beklagte die Begrenztheit dieser Motivationen und legte mit ihrem Leben Zeugnis für einen Gottesdienst aus Liebe ab. Es ist das Verdienst von al-Ghazālī, das Element der Liebe als maßgebliche Größe in den theologischen Diskurs einzuspeisen und – ohne der Motivation aus Furcht und Hoffen ihre Sinnhaftigkeit abzusprechen – die Liebe als schönste Motivation für ein aufrichtiges und empathisches Handeln am anderen zu benennen. Während in den klassischen theologischen Entwürfen hinter den Fragen des rechten Glaubens und Handelns vor allem das individuelle Glück des Einzelnen in beiden Welten – der diesseitigen und der jenseitigen – im Vordergrund stand, greifen neuere theologische Ansätze den koranischen Schlüsselbegriff von dīn im Sinne von religiös-ethischer Lebensweise auf und verstehen aufgrund der Dynamik eines Beziehungssystems, in das jedes Geschöpf eingebunden ist, das Wohlergehen des Einzelnen in großem Maße bedingt durch das Wohlergehen der anderen.

5. Fazit und Ausblick: Gemeinsam das »Geheimnis Mensch« erkunden

Von der Sicht des Menschen hängt heute im Zusammenleben von Christen und Muslimen, ja allen Menschen, viel ab, denn sie bestimmt letztlich auch die Maximen ethischen und moralischen Handelns. Beim Durchgang wichtiger Aspekte des biblisch-christlichen und koranisch-islamischen Menschenbildes wurden neben unterschiedlichen Akzentsetzungen auch ganz grundlegende Gemeinsamkeiten deutlich: Der Mensch als endliches, von Gott abhängiges, schwaches Geschöpf, das stets auf Gottes barmherzige Hilfe und Vergebung angewiesen, aber zugleich von Gott mit Verantwortung ausgestattet und zur Gemeinschaft mit ihm berufen ist. Bei allen von den Offenbarungen vorgegebenen Grundlinien und Aspekten des Menschenbildes muss heute aber auch die darin enthaltene Pluralität und Spannungsgeladenheit der Menschenbilder reflektiert und akzeptiert werden, sofern sie nicht im Widerspruch zur unveräußerlichen menschlichen Würde stehen.

Der Mensch bleibt sich selbst letztlich ein immer wieder neu zu erkundendes Geheimnis, eine offene Frage. Theologische Anthropologien der Gegenwart müssen sich dabei auch den Fragen, Erkenntnissen und Diskussionen der modernen Human- und Naturwissenschaften sowie Philosophien stellen und in einen Dialog mit ihnen treten. Der Dialog zwischen Christen und Muslimen über ihre Sicht vom Menschen erweitert sich also stets, ob explizit oder nicht, um den Kontext säkularer Sichtweisen auf den Menschen. Nur so können die christliche und die islamische Sicht vom Menschen gesprächs- und anschlussfähig bleiben für das »Geheimnis Mensch«, das sich letztlich aus seiner Verwiesenheit auf das »unendliche Geheimnis Gott« ergibt, und so dem Wohl und dem Heil des Menschen dienen.

Zitierte Literatur

Rahman, Fazlur, Major Themes of the Qur’ān, Chicago 1980

Rudolf, Ulrich, Al-Māturīdī und die sunnitische Schule in Samarkand, Leiden u.a. 1996

Izutsu, Toshihiko, Ethico-religious Concepts in the Qur‘ān, Montreal/Kingston 2002

Abou El Fadl, Khaled, Conference of the Books. The Search for Beauty in Islam, Oxford 2001

Abou El Fadl, Khaled, The Human Rights Commitment in Modern Islam, in: Runzo, Joseph / Martin, Nancy M. / Sharma, Arvind (Hg.), Human Rights and Responsibilities in the World Religions, Oxford 2003, 301–364

Khorchide, Mouhanad, Das Jenseits als Ort der Transformation statt des Gerichts – Eine andere Lesart der islamischen Eschatologie, in: Werbick, Jürgen/Kalisch, Muhammad Sven/von Stosch, Klaus (Hg.), Glaubensgewissheit und Gewalt. Eschatologische Erkundungen in Islam und Christentum, Paderborn 2011, 37–48

Zum Weiterlesen

Renz, Andreas, Der Mensch unter dem An-Spruch Gottes. Offenbarungsverständnis und Menschenbild des Islam im Urteil gegenwärtiger christlicher Theologie, Würzburg 2002

Schmid, Hansjörg / Renz, Andreas / Takım, Abdullah / Ucar, Bülent (Hg.), Verantwortung für das Leben. Ethik in Christentum und Islam, Regensburg 2008

Heine, Susanne / Özsoy, Ömer / Schwöbel, Christoph / Takım, Andullah (Hg.), Christen und Muslime im Gespräch. Eine Verständigung über Kernthemen der Theologie, Gütersloh 2014, 82-108; 125-153; 265-288

Asghar-Zadeh, Darius, Menschsein im Angesicht des Absoluten. Theologische Anthropologie in der Perspektive christlich-muslimischer Komparativer Theologie, Paderborn 2017 Ströbele, Christian / Dziri, Amir / Middelbeck-Varwick, Anja / Omerika, Armina (Hg.), Theologie – gendergerecht? Perspektiven für Islam und Christentum, Regensburg 2021

Authors

  • Prof. Dr., Paderborn, geb. 1971, muslimisch; Professorin für Islamische Systematische Theologie, Paderborner Institut für Islamische Theologie, Universität Paderborn

  • Dr., M. A., München, geb. 1970, römisch-katholisch; Leiter des Fachbereichs Dialog der Religionen im Erzbischöflichen Ordinariat München und Lehrbeauftragter an der Ludwig-Maximilians-Universität München

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Muhammad: Vorbild für Muslime – Anfrage an die Christen

Einer der Glaubensgrundsätze des Islams fordert den Glauben an den von Gott berufenen Gesandten und Propheten Muhammad. Als Empfänger und Verkünder der göttlichen Offenbarung, stellt er eine Erstinterpretation der göttlichen Botschaft dar, um diesen eine Gestaltungsform zu geben. Dieser zeichnet sich durch Frömmigkeit, Aufrichtigkeit und seiner Barmherzigkeit aus, der durch seine Lebensführung den Muslim:innen als Rechtleitung gilt.
Der vorliegende Artikel soll aufzeigen, wie die Integration des Propheten Muhammad in die biblische Tradition unter Betrachtung der Eigenschaften und der Lebensweise des Propheten erfolgen kann, da die Anerkennung und Verehrung des Propheten Muhammad seitens der Muslim:innen nicht auf die gleiche Anerkennung seitens der Christ:innen stößt, die bisher nicht dazu bereits waren, ihm die gleiche Wertschätzung entgegenzubringen.

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Ursprung und Ziel: Gott als Schöpfer und Richter

Die Menschen haben sich unaufhörlich über den Sinn des Lebens Gedanken gemacht und Fragen gestellt. Sie haben sich bemüht, zwischen Ursprung und Ziel den Zweck des Daseins zu verstehen. Zu diesen Fragen haben Christentum und Islam sich mehrfach und facettenreich positioniert. In beiden Religionen steht der Mensch durch Gottes Gnade und Zuwendung in einer Beziehung und Vertrautheit mit Gott, die er in Freiheit individuell entfalten oder ignorieren kann. Der Glaube an Gott führt zur Einsicht, dass der Mensch für diese Welt und sein eigenes Leben Verantwortung trägt, der er durch den Glauben und darauf basierender Handlungsweise gerecht werden kann. Einige Aspekte dieser großen Fragen der Menschheit werden in diesem Beitrag thematisiert.

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