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Gerechtigkeit schaffen, Unrecht beenden: Frieden und Gewalt

Dirk Rademacher, Said AlDailami
Über Jahrhunderte wurden gewaltsam ausgetragene, politisch motivierte Konflikte religiös aufgeladen. »Heiliger Krieg« ist der überkommene Begriff, mit dem eine direkte göttliche Autorisierung von Gewalt behauptet wird. Ist diese Vorstellung aus den Schriften des Islam und des Christentums begründbar? Wie bestimmen die beiden Religionen das Verhältnis Gottes zu Gewalt und Frieden? Was leiten sie daraus für ihre staatliche und gesellschaftspolitische Verantwortung auf nationaler und internationaler Ebene ab?
Veröffentlicht im Mai 2014
Aktualisiert im März 2023
Zitierlink: https://handbuch-cid.de/gerechtigkeit-schaffen-unrecht-beenden-frieden-und-gewalt/

Einleitung

Der Wechsel von Gewalt als verletzende oder tötende Gewalt und Frieden als Abwesenheit von – speziell kriegerischer – Gewalt gehört zu den Grundkonstanten menschlicher Erfahrung, mit dem sich alle Religionen auseinandersetzen. Gewalt erschöpft sich nicht in physischer Schädigung. Mit dem norwegischen Friedensforscher Johann Galtung lassen sich physische und psychische Gewalt, negative und positive Einflussnahme, Gewalt gegen Personen und Sachen, personale von struktureller Gewalt, intendierte und nicht intendierte Gewalt sowie manifeste und latente (angewendete und angedrohte) Gewalt unterscheiden. Wird ein solch weiter Gewaltbegriff zugrunde gelegt, wird Gewalt nicht abgeschafft werden können, sondern muss als Zivilisationsprojekt immer wieder neu überwunden werden. Dies hat Konsequenzen für den Friedensbegriff. Wird von einem engen Verständnis von Frieden ausgegangen, so bezeichnet Frieden die Abwesenheit von Krieg. Ein weites Verständnis hingegen mündet in einen umfassenden, heilsgeschichtlich bestimmten Frieden, der die ganze Fülle der von Galtung dargelegten Gewaltphänomene aufhebt.

1. Gewalt und Frieden aus der Sicht des Christentums

Das Christentum hat im Laufe seiner 2000-jährigen Geschichte in unterschiedlicher Art, teilweise auch abhängig von seiner eigenen Position im machtpolitischen Gefüge und von innerchristlichen Auseinandersetzungen, Stellung zu Gewalt und Frieden bezogen. Dabei begrenzen zwar die biblischen, insbesondere die neutestamentlichen, Überlieferungen den Deutungsrahmen, allerdings in einem sehr weiten Sinne. So kann sich die Haltung der christlichen Kirchen in einem Spektrum der Bejahung des Einsatzes militärischer Gewalt im Rahmen des humanitären Völkerrechts bis hin zu völliger Gewaltfreiheit bewegen. Begrifflich markieren dies die Tradition des »gerechten Krieges« und das gegenwärtig durch Diskurs noch systematisch weiterzuentwickelnde Leitbild des gerechten Friedens.

1.1 Gewalt und Frieden in der biblischen Tradition

1.1.1 Altes Testament

Zu den menschlichen Urerfahrungen und Themen religiöser Überlieferung gehört, dass Menschen sich von Gott abwenden und Gewalt ihr Zusammenleben bestimmt. Bereits die Urgeschichte der Bibel (Gen 1–11) erzählt, wie Adam und Eva gegen Gottes Gebot, nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen zu essen, verstoßen, von Gott aus dem Paradies vertrieben werden und bereits in der zweiten Menschheitsgeneration der Sündenfall in der Ermordung Abels durch seinen Bruder Kain mündet (Gen 4). Dieser Brudermord symbolisiert den Archetyp zwischenmenschlicher Gewalt, die sich zur allgemeinen menschlichen Bosheit ausweitet, die Gott durch eine Sintflut zu bestrafen sucht (Gen 6–9). Zur menschlichen Erfahrung göttlichen Handelns gehört freilich nicht nur die Vernichtung des Bösen, sondern auch die göttliche Berufung von Gruppen oder einzelnen Menschen wie Noah, die der Menschheit neue Wege zum Frieden zeigen.

Dieser Erfahrung folgt letztlich auch die alttestamentliche Überlieferung von der Geschichte Gottes mit seinem Volke Israel. In vorstaatlicher Zeit ist JHWH Garant für die verheißene Landnahme und als Krieger an der Seite seines Volkes (u.a. Jos 8,2). Diese Kriege werden zwar mehrfach als »Kriege JHWHs« bezeichnet, jedoch nur das Prophetenbuch Joel kennt den Begriff »Heiliger Krieg« (Joel 4,9). Auf der anderen Seite stiftet Gott zehn Gebote, um seinem Volk zu ermöglichen, das Verhältnis zu seinem Gott und die Beziehungen der Menschen untereinander in Frieden zu gestalten (Ex 20,2–17 und Dtn 5,6–21). Ergänzt durch die Gebote der Nächstenliebe (Lev 19,18) und des Schutzes von Fremden (Ex 23,9) zeigt diese Überlieferung, dass nach ihr Gottes Wille auf Gewaltvermeidung ausgerichtet ist.

Mit der Prophetie erweitert sich der Erfahrungshorizont des göttlichen Friedenswillens: Israel und seine Herrscher werden ermahnt, in ihrem politischen Handeln nicht länger auf die eigene militärische Stärke zu setzen, sondern auf Gottes Hilfe zu vertrauen und darüber hinaus Recht und soziale Gerechtigkeit zu achten. Die Missachtung hätte nach dem Propheten Amos das Gericht zur Folge, das »vielleicht« nur ein kleiner Rest überleben würde (Am 5,14f). Die Propheten Micha und Jesaja entwickeln diesen Gedanken zur Vision einer umfassenden universalen Heilsordnung, die alle Völker umfasst und in der Schwerter zu Pflugscharen umgeschmiedet werden (Mi 4,1–4, Jes 2,2–4). Damit wird das dem Willen Gottes entsprechende Heil als ein umfassender Schalom beschrieben, der über die Abwesenheit von Krieg und Gewalt hinausgeht und in einen Zustand mündet, in dem ein Friede-Fürst (Jes 9,5) mit Gerechtigkeit richtet, »Gerechtigkeit und Frieden sich küssen« (Ps 85,11) und »Wölfe bei den Lämmern wohnen« (Jes 11,1–9).

1.1.2 Neues Testament

Das Neue Testament greift diese Vorstellungen auf und deutet bereits Jesu Geburt als den Anbruch des erwarteten Friedensreiches: »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens« (Lk 2,14). Den Evangelien nach tritt Jesus konsequent für Frieden und Gewaltfreiheit ein. In der Bergpredigt spricht er die Sanftmütigen, die Barmherzigen und die Friedensstifter glückselig (Mt 5,3–10). Sein Einzug in Jerusalem auf einem Esel (Mt 11,1–10) nimmt die Verheißung des Propheten Sacharija auf, der von Israels kommenden König sagt, er werde den Völkern Frieden gebieten (Sach 9,9). Jesus verkündigt die Liebe Gottes, Vergebung und Gewaltfreiheit – nicht nur gegenüber dem Nächsten, sondern auch gegenüber dem Feind (Mt 5,43f). Den Versuch, ihn bei seiner eigenen Festnahme mit Gewalt zu verteidigen, kritisiert er scharf: »Wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen« (Mt 26,52). Mit dem Aufruf zur Nachfolge (Mk 8,34) und der damit verbundenen Übernahme von Kreuz und Tod setzt Jesus ein klares Zeichen der Hinnahme von Gewalt, freilich nicht in passivem Sinne, sondern als Ausdruck gewaltfreien Widerstandes (Mt 5,38–41) und letztlich der Überwindung von Gewalt und Tod durch das Osterereignis der Auferstehung von den Toten. Vor seinem Tod hinterlässt Jesus seinen Frieden, als Auferstandener teilt er diesen Frieden mit dem Friedensgruß aus (Joh 14,27; 20,21). Auch Paulus beschreibt den Kern des Evangeliums als Verkündigung des Friedens (Eph 6,15) und legt seiner Gemeinde in Korinth nahe, um des Friedens untereinander willen Unrecht gegen die eigene Person zu ertragen (1 Kor 6,7). Vor eigener Rache und Vergeltung warnt Paulus, ja er fordert dazu auf, das Böse mit Gutem zu überwinden (Röm 12,21). Denn dem Reich Gottes, das »Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem heiligen Geist« ist (Röm 14,17), sei Raum zu geben, weil es in der Gemeinde bereits lebendig ist.

1.2 Der Umgang mit Gewalt und Frieden in der christlichen Tradition: vom gerechten Krieg zum gerechten Frieden

Die frühen Christ:innen waren sehr wahrscheinlich pazifistisch eingestellt; dafür sprechen die Tradition der Bergpredigt, der Märtyrertod zahlreicher Christinnen und Christen sowie der mit dem Soldatendienst in der römischen Armee verbundene, von Christ:innen aber abgelehnte Götzendienst. Mit dem 313 n. Chr. vom römischen Kaiser Konstantin erlassenen Mailänder Edikt und der 380 erfolgten Erhebung des Christentums zur Staatsreligion veränderte sich deren Lebenssituation grundlegend. Die gewaltsame Verteidigung des Römischen Reiches gegen die Goten und andere Volksstämme wurde zur Verteidigung der Existenzbedingungen christlichen Glaubens.

1.2.1 Die Traditionslinie des »gerechten« Krieges

Diese Situation nötigte Augustinus, Bischof von Hippo, zu klären, ob Christen Kriegsdienst leisten und ihre christlichen Herrscher Krieg führen dürfen, das heißt, wie Christ:innen zur militärischen Gewalt stehen. In De civitate Dei XIX unterscheidet er das Gottesreich, das den himmlischen ewigen Frieden erstrebt, vom Weltreich, dessen Ziel der irdische Frieden ist. Aufgabe von Heiden und Christ:innen sei es, am irdischen Frieden mitzuarbeiten, denn Krieg sei Sünde und von Gott nicht gewollt. Gleichwohl könne Krieg notwendig sein, wenn dadurch ein Zustand der sündigen Unordnung wieder in einen Zustand der Ordnung gebracht werde.

Thomas von Aquin bindet den »gerechten Krieg« an folgende Bedingungen: Er müsse erstens durch einen dazu legitimierten Fürsten erklärt werden (legitima potestas); es müsse zweitens ein gerechter Grund (causa iusta) vorliegen, der nicht nur den gegnerischen Anführer ins Unrecht setzt, sondern auch die ihn unterstützenden Soldaten; und drittens müssten die Kriegführenden Gerechtigkeit und Frieden wiederherstellen wollen, also eine rechte Absicht (intentio recta) verfolgen (vgl. Summa Theologiae II–II, q. 40). Wenngleich die Tradition des »gerechten Krieges« und deren Kriterien grundsätzlich dazu dienen sollten, staatliche Gewaltanwendung zu begrenzen, dienten sie auch zu ihrer Legitimation. So begründete bereits Papst Urban II. den Ersten Kreuzzug mit den Worten: »Gott will es«, und setzte voraus, dass die Kriterien des gerechten Krieges auch zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Kreuzzuges gelten. Zu Thomas von Aquins Lebzeiten fanden drei Kreuzzüge statt, die er indirekt als gerechte Kriege legitimierte: Papst und Kaiser wurden als rechtmäßige Autoritäten vorausgesetzt, die Befreiung der Christ:innen, die durch ungerechte Eroberungen unter heidnische Herrschaft geraten waren, wurde als gerechter Grund anerkannt, und der Eifer für Gerechtigkeit gewährleistete die rechte Absicht (vgl. Summa Theologiae II–II, q. 10).

1.2.2 Die Entwicklung des Leitbildes eines »gerechten Friedens«

Erst im 20. Jahrhundert wurde der bereits bei Augustinus vorkommende Begriff des »gerechten Friedens« zu einem theologisch-friedensethischen Leitbild entwickelt. Mit den Erfahrungen des »totalen« Zweiten Weltkrieges und dem drohenden mehrfachen atomaren Overkill zurzeit des Kalten Krieges war es unglaubwürdig geworden, dass Kriege zwischen Staaten noch in irgendeiner Weise ein »gerechtes« Mittel der Politik sein konnten. Darum verneinte der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) bei seiner Gründung 1948 Krieg als Mittel der Politik und hielt ihn mit den Lehren Jesu Christi für unvereinbar. 1963, wenige Monate nach der Kubakrise, rief Papst Johannes XXIII. in seiner Enzyklika »Pacem in terris« dazu auf, »die Streitigkeiten, die unter Umständen zwischen den Völkern entstehen, nicht durch Waffengewalt, sondern durch Verträge und Verhandlungen beizulegen« (Nr. 67).

Christinnen und Christen aus der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) stellten 1988/89 fest, dass mit der »notwendigen Überwindung der Institution des Krieges« auch die Lehre vom gerechten Krieg an ein Ende komme und daher eine Lehre vom gerechten Frieden entwickelt werden müsse. Der Zentralausschuss des ÖRK machte sich 1994 den Begriff des »gerechten Friedens« zu Eigen: Es sei der Lehre Christi gemäß nicht vom Krieg, sondern von der Gerechtigkeit auszugehen, um zum Frieden zu gelangen. Die Kirchen sollten auf jede theologische Rechtfertigung des Einsatzes militärischer Gewalt verzichten und zu einer Gemeinschaft werden, die sich für einen gerechten Frieden einsetzt.

Die römisch-katholische Kirche und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) folgten 2000 und 2007 diesem grundlegenden Perspektivwechsel mit ihren Friedensschriften. Frieden wird dabei nicht als Zustand, sondern als gesellschaftlicher Prozess abnehmender Gewalt und zunehmender sozialer und politischer Gerechtigkeit verstanden. Dieser weite Friedensbegriff ist auch Konsequenz des durch den ÖRK verantworteten Konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung sowie der weltweiten Dekade zur Überwindung von Gewalt (2001–2010), mit denen die ÖRK-Mitgliedskirchen eine Praxis der Gewaltüberwindung einzuüben suchen. Darüber hinaus betonen beide Kirchen, dass das christliche Ethos grundlegend vom Verzicht auf Gewalt und die gewaltfreie Bearbeitung von Konflikten bestimmt ist, als äußerstes Mittel aber der Einsatz von – auch militärischer – Gewalt als Gegengewalt dann legitimierbar sein kann, wenn nur so ein Gewaltkonflikt beendet werden kann. Die EKD-Friedensdenkschrift »Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen« (2007) spricht hier von »rechtserhaltender Gewalt«, die dazu dient, der grundlegend friedensstiftenden Funktion des Rechts zur Durchsetzung zu verhelfen. Zur Bewertung der Legitimität des Einsatzes von Gegengewalt dienen diejenigen Kriterien, die in der Tradition des gerechten Krieges entwickelt worden sind.

Dem Votum, dass die Tradition des gerechten Krieges an ein Ende gekommen sei, widersprechen insbesondere anglikanische Kirchen, die gerade den Krieg gegen das nationalsozialistische Regime als gerecht betrachten. Die orthodoxen Kirchen ermutigen grundsätzlich zu allem, was Gerechtigkeit und Frieden dient, und verurteilen Krieg als Folge des Bösen in der Welt. Die russisch-orthodoxe Kirche allerdings bejaht ihn zum Zwecke der Verteidigung des Nächsten sowie zur Wiederherstellung verletzter Gerechtigkeit. Der gegenwärtige Patriarch Kyrill rechtfertigt sogar den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

2. Gewalt und Frieden aus der Sicht des Islam

Aus den Primärquellen des Islam – Koran und Sunna – lassen sich zahlreiche Stellen benennen, die einerseits das friedliche und gewaltlose Zusammenleben von Menschen betonen, andererseits den Kampf und die Anwendung von Gewalt als verdienstvolle Taten in bestimmten Kontexten billigen. Der Versuch, die islamische Botschaft als ausschließliche Friedens- und Liebesbotschaft zu etikettieren, scheidet genauso aus wie eine Darstellung des Islam als Gewaltreligion. Vielmehr zeigt sich am Thema »Gewalt und Frieden« exemplarisch, was das tatsächliche Charakteristikum islamischer Quellen und der aus ihnen gewonnenen Lehren ist: Mehrdeutigkeit und Interpretationsoffenheit. Hinzu tritt eine fehlende Institutionalisierung und machtpolitische Verankerung des Islam als selbständiger Akteur im öffentlichen Raum, was die Darstellung einer offiziellen islamischen Haltung zum Thema Gewalt und Frieden unmöglich macht. Der kleinste gemeinsame Nenner herrschender Lehrmeinungen und Interpretationslinien soll daher im Folgenden kursorisch skizziert werden.

Systematisch fallen beide Begriffe – Frieden und Gewalt – unter den Oberbegriff der Scharia. Der Begriff »Gewalt« wird in den Kompendien des islamischen Rechts (fiqh) in der Regel als selbständiges Kapitel mit dem arabischen Wort dschihād betitelt. Frieden bzw. Friedensregelungen werden als Unterabschnitte desselben Kapitels behandelt. Eine gesonderte Friedenslehre existiert nicht, bezweckt doch die Orthopraxie des Islam in der Gesamtheit ihrer Lehren auch eine Erziehung und Befriedung des Menschen.

2.1 Theologische Begründungen

2.1.1 Frieden in Koran und Sunna

Ausgangspunkt der koranischen Erziehung zum Frieden ist der Dialog und das gegenseitige Verständnis füreinander. Das Verhältnis Gott-Mensch sowie Mensch-Mensch soll laut Koran durch Vergebung, Zuneigung, Geduld und Reue gekennzeichnet sein (vgl. Sure 42,40.43.48; 5,38f; 17,53; 49,13). In der Begegnung mit dem Anderen verpflichtet der Koran zu Gerechtigkeit und Güte und warnt explizit vor Neid, Hass, Arroganz und Erniedrigung (vgl. Sure 49,11; 60,8). Im fairen Wetteifer für das Wohl der Menschheit liegt ein Bestimmungsgrund für die göttlich gewollte Vielfalt menschlicher Wahrheitsinterpretationen (vgl. Sure 2,148).

Ausdrücklich wird der Frieden in unterschiedlichen Kontexten thematisiert. »Gott ist Frieden«, heißt es beispielsweise in Sure 59,23. »Friede« ist laut Koran jene Begrüßungsformel, mit der Gott seine Diener im Jenseits willkommen heißt und mit der sich Menschen universell grüßen sollen. Frieden ist auch jene Grundhaltung, mit der Muslim:innen ihrem friedlichen Gegenüber begegnen sollen (vgl. Sure 4,94). Schließlich erwähnenswert ist der in Koran (über 300 Stellen) und Sunna wiederkehrende Appell, der ungerechten Verteilung von Finanz-, Sach- und Vermögensgütern durch freiwillige Abgaben, allgemein verbindliche Almosen und vor allem durch Großzügigkeit und Mildtätigkeit entgegenzuwirken. Frieden ist in islamischer Perspektive also eng mit der Frage nach der sozialen Gerechtigkeit verbunden.

2.1.2 Gewalt in Koran und Sunna

Die Thematisierung von Gewalt in Koran und Sunna geschieht auf zwei Ebenen: einer göttlichen und einer menschlichen Ebene. Auf der einen Seite die göttliche Gewalt, die sich in der Allmacht Gottes ausdrückt, als Inhaber aller Gewalt und Stärke. Aggressoren, Gewalttätern und Unterdrückern droht Er mit Strafen im Dies- und im Jenseits. Gott sendet aus dieser Allmacht heraus Engelsscharen aus, die die Gläubigen im Kampf gegen ihre Feinde unterstützen, oder er greift selbst in den Kampf ein: »Nicht ihr habt sie getötet, sondern Gott hat sie getötet […]« (Sure 8,17). Auf der anderen Seite steht die menschliche Gewalt, die im Koran als Kampfhandlung (qitāl) bezeichnet wird. Sie ist erlaubt und geboten, solange sie für die Sache Gottes geschieht. Sie ist verdammt und verflucht, wenn sie zum Instrument menschlicher Machtgier und irdischem Hegemonialstreben missbraucht wird. Gewalt, in welcher Form auch immer, ist nicht heilig. Das gilt im Islam für jede Tat, deren Urheber der Mensch ist. Einen »heiligen Krieg« gibt es daher im Islam nicht.

Bereits in der Schöpfungsgeschichte taucht die Gewaltbereitschaft des Menschen auf. In Sure 2,30–33 protestieren die Engel gegen die Absicht Gottes, einen Menschen als Stellvertreter auf Erden zu erschaffen: »Willst du auf ihr einsetzen einen, der auf ihr stiftet Unheil und Blut vergießt?« Dieser engen Verknüpfung von Gewalt und Mensch widerspricht Gott nicht. Er weist lediglich darauf hin, dass Er wisse, was die Engel nicht wüssten. In der Geschichte von Kain und Abel wird die Gewaltfähigkeit des (Ur-)Menschen im Koran ein weiteres Mal aufgegriffen und auffallend ausführlich geschildert. Die Erzählung beendet Gott jedoch mit einer eindringlichen Ermahnung: »Wenn einer tötet jemanden, nicht für einen anderen oder für Unheil auf der Erde: es soll sein, als hätte er getötet die Menschen, allesamt« (Sure 5,32).

Neben den genannten impliziten Verweisen auf die Gewaltfähigkeit von Menschen beinhaltet der Koran auch deutliche Aufrufe an die Muslime, sich zu bewaffnen und in den Kampf zu ziehen. In diesem Zusammenhang sind die Begriffe dschihād (Anstrengung) und qitāl (Kampf) von zentraler Bedeutung. Während dschihād jegliche »Anstrengung für die Sache Gottes« bedeutet, weist qitāl spezifisch auf den Kampf unter Einsatz von Kampfmitteln hin. Ein Ausspruch des Propheten unterteilt den dschihād ferner in zwei Arten: einen kleinen und einen großen dschihād. Der große dschihād richtet sich gegen die Triebseele des Menschen. Er beschreibt den nach innen gerichteten Kampf, um jegliche Gewalt, die sich des Menschen bemächtigen will, zu besiegen. Nur wer den Versuchungen des Lebens und den Einflüsterungen des Teufels widerstehen kann, ist in der Lage, die Grundlage für den äußeren Frieden – den inneren Frieden – zu finden (vgl. Sure 47,31; 2,155–157). Der kleine dschihād hingegen ist nach dieser Überlieferung die Schlacht auf dem Gefechtsfeld – der Krieg.

Das Ziel der Anstrengung für die Sache Gottes (dschihād fī sabīl illāh) und des bewaffneten Kampfes (qitāl) ist die Abwehr von Versuchung bzw. Verblendung (fitna). Für das Individuum liegen die Quellen der fitna in den materiellen Verlockungen und Verführungen des Lebens. Ihnen zu erliegen bedeutet, a) die Bindung zu Gott zu verlieren, b) die verantwortungsvolle Stellvertreterfunktion auf Erden (vgl. 2.6) zu missbrauchen, z.B. durch ungerechtfertigte Gewaltanwendung. Diese fitna ist ständig gegeben und göttlich gewollt. Ihr Zweck liegt darin, den Gläubigen in seiner Standhaftigkeit zu prüfen (vgl. Sure 3,142; 29,2). Gegen diese fitna richtet sich der große dschihād. Für das Kollektiv hingegen liegen die Quellen der fitna hauptsächlich in feindseligen Handlungen der Menschen gegeneinander. Jeder Versuch, die Muslim:innen aus ihrer Heimat zu vertreiben, sie von ihrer Überzeugung abzubringen oder sie am Besuch ihrer heiligen Stätten zu hindern, wiegt schwerer als das Töten (vgl. Sure 2,191ff; 2,217). An dieser Stelle folgt der Appell an die Gläubigen, den bewaffneten Kampf gegen die Verursacher von fitna anzutreten. In allen Versen ist das Ziel des Gebrauchs von Gewalt die Zurückweisung der fitna, niemals die Bekehrung des fitna-Stiftenden. Diese enge Auslegung des dschihād-Begriffs als Abwehr von fitna entspricht den Interpretationen renommierter klassischer Korankommentatoren.

2.2 Die Universalisierung des dschihād-Konzepts

Aus der anfänglich kleinen, verfolgten Religionsgemeinschaft in Mekka entstand ab dem Jahr 622 n.Chr. in Medina ein Quasi-Staatswesen. Gewaltandrohung und -anwendung erfahren in dieser Zeit eine erste Uminterpretation, die koranisch initiiert und durch die Beteiligung des Staatsoberhaupts Muhammad selbst an Kämpfen legitimiert wird. Kämpfen für die Sache Gottes schließt fortan auch den Kampf zur Erhaltung des Staatswesens, zum Schutz seiner Bürger und zur Eintreibung von finanziellen Mitteln und Sachgütern ein (vgl. Sure 9,29). Die Gelehrten des 8./9. Jahrhunderts erweitern das Konzept des Waffengebrauchs und formulieren gleichzeitig Normen des Rechts im Krieg. Aus dem zeitlich und örtlich begrenzten Kampf gegen die fitna und zum Schutz des medinensischen Stadtstaates wird ein universales Prinzip islamischer Pflichten. Das sich rasch ausbreitende islamische Herrschaftsgebiet hat diese funktionale Ausdeutung des dschihād-Begriffs maßgeblich determiniert: Aus der koranischen Aussage: »…und bekämpft sie, bis die fitna aufhört«, findet in dieser Epoche eine Reduzierung des mehrdeutigen fitna-Begriffs auf »Unglaube« statt (vgl. at-Tabarī, Jami, 1987, 134). Nach dieser Definition ist jeder Kampf gegen die Ungläubigen ein Kampf für die Sache Gottes.

Ab dem 10. Jahrhundert kann von einem allumfassenden, politisch motivierten dschihād-Konzept gesprochen werden. Besonders hervorzuheben ist Māwardīs (gest. 1058) Entwurf einer islamischen »Staatstheorie«. Seine Unterteilung der Welt in ein Haus des Islam (dār al-islām) und in eines des Krieges (dār al-harb) prägt die Lehre vom dschihād und bildet bis heute die Grundlage für den zeitgenössischen Reformdiskurs in der islamischen Welt. Wesentliche Änderungen des dschihād-Konzepts sind erst ab Ende des 18. Jahrhunderts zu verzeichnen. Angesichts der Konfrontation mit dem europäischen Kolonialismus wird die universale und funktionale Deutung des dschihād-Begriffs wiederbelebt und zugleich fanatisiert. Dschihād wird nicht mehr als semantisch mehrdeutiger Begriff verstanden, der jede Anstrengung für die Sache Gottes bezeichnet, sondern ausschließlich auf die militärisch-kämpferische Dimension reduziert. Ziel dieser Umdeutung ist die Rekrutierung und Mobilisierung muslimischer Kämpfer gegen die sogenannte kolonialistisch-imperialistische Großoffensive aus dem christlichen Westen. Die Ausbuchstabierung dieses dschihād-Verständnisses lässt sich bis heute in den Manifesten von islamistischen Gruppierungen entdecken.

Die schiitische dschihād-Tradition variiert nur in Nuancen von der dargestellten sunnitischen Mehrheitsmeinung. Nach Überzeugung der Zwölfer-Schiiten kann aufgrund der momentanen Unsichtbarkeit des Imam bis zu dessen Wiederkunft kein dschihād im Sinne eines Krieges gegen Ungläubige geführt werden. Mystiker hingegen verbinden mit dem dschihād die Selbstaufopferung auf dem Wege Gottes. Diese meint vor allem spirituelle Nähe zu Gott und Gewaltverzicht. In ihrer Lesart hat der große dschihād in Übereinstimmung mit dem Prophetenwort eindeutigen Vorrang vor dem kleinen, dem kriegerischen dschihād.

2.3 Gewalt und Frieden im Spannungsfeld zwischen Politik und Religion

Die dargestellte Entwicklung des dschihād-Begriffs illustriert, wie kontextbezogen islamische Textquellen gebraucht bzw. missbraucht werden können. Sie zeigt ferner, dass hauptsächlich der politische Rahmen die jeweils gültige dschihād-Konzeption in Form und Inhalt maßgeblich beeinflusst. Diese Kontextgebundenheit manifestiert sich auch in den zeitgenössischen Diskursen über die Friedens- bzw. Gewaltphilosophie im Islam. Im Kontext der kulturellen Moderne und im Zeichen der Globalisierung konkurrieren folgende Strömungen: a) pazifistische Strömungen, die eine gegenteilige Exegese der relevanten dschihād-Verse propagieren, b) extremistische Ansichten, die in der Moderne die Verkörperung von fitna sehen und daher den totalen Krieg gegen die geistige Invasion aus dem sogenannten christlichen Abendland fordern, c) konservativ-traditionelle Stimmen, die zwischen Moderne und Authentizität vermitteln wollen und eine »Nachjustierung« der dschihād-Lehre anstreben.

In ihrer Selbstwahrnehmung zeichnen Muslim:innen weltweit ein düsteres Bild ihrer Lebenswirklichkeit: Mit Blick auf die westlichen Staaten konstatieren sie politisch-ökonomische Ungerechtigkeit, militärische Asymmetrie sowie materielle und ideelle Entwürdigung. Weil Frieden im Islam eng mit dem Gerechtigkeitsbegriff verknüpft ist, haben radikale dschihād-Konzeptionen angesichts dieses evidenten Ungleichgewichts im 21. Jahrhundert Hochkonjunktur. Gegenteilige Interpretationen, die eine Überlegenheit des gewaltfreien Widerstands islamisch begründen wollen (z.B. Muhammad Iqbal, Maulana Wahiduddin Khan, Said Nursi, Jawdat Said), bleiben derzeit kaum beachtet (vgl. Murtaza 2019/20).

Fazit: Für Frieden und Gerechtigkeit eintreten

Der Umgang mit Gewalt und das Verständnis von Frieden sind weder im Christentum noch im Islam eindeutig, sondern hängen vom Horizont der Deutung ihrer religiösen Grundschriften und dem aktuellen politisch-gesellschaftlichen Kontext ab. Beide Religionen haben ein klares Bild von der anthropologisch bedingten Neigung des Menschen zu zerstörerischer Gewalt, betrachten sie aber nicht als letztes Wort der Bestimmung des Menschen. Da Gewalt niemals heilig, sondern bestenfalls äußerstes Mittel gegen Gewalt sein kann, kann auch Krieg niemals als heilig gelten. Eine theologische Rechtfertigung für Gewalt und Krieg kann daher nicht gegeben werden. Vielmehr ist Christ:innen wie Muslim:innen die Gestaltung des Friedens aufgegeben, und zwar nicht als Abwesenheit von Krieg und Gewalt, sondern als umfassende Gestaltung gerechten menschlichen Zusammenlebens in politischer, sozialer, ökonomischer und ökologischer Dimension.

Zitierte Literatur

At-Tabari, Muhammad b. Jarir, Jami´al-bayan fi ta´wiil ayii-l-quran (Die sprachliche Blüte in der Auslegung der Verse des Koran), Kairo 1987

Zum Weiterlesen

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Gerechter Friede (Die deutschen Bischöfe 66), Bonn 42013

Tessore, Dag, Der Heilige Krieg im Christentum und Islam, Düsseldorf 2004

Evangelische Kirche in Deutschland (Hg.), Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen. Eine Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Gütersloh 2007

Strub, Jean-Daniel / Grotefeld, Stefan (Hg.), Der gerechte Friede zwischen Pazifismus und gerechtem Krieg. Paradigmen der Friedensethik im Diskurs, Stuttgart 2007

Werkner, Ines-Jacqueline / Liedhegener, Antonius (Hg.), Gerechter Krieg – gerechter Frieden. Religionen und friedensethische Legitimationen in aktuellen militärischen Konflikten, Wiesbaden 2009

Raiser, Konrad / Schmitthenner, Ulrich (Hg.), Gerechter Friede. Ein ökumenischer Aufruf zum gerechten Frieden. Begleitdokument des Ökumenischen Rates der Kirche, Berlin 2012

Schockenhoff, Eberhard, Kein Ende der Gewalt? Friedensethik für eine globalisierte Welt, Freiburg i.Br. 2018

Murtaza, Muhammad Sameer, Gewaltlosigkeit im Islam. Denker, Aktivisten und Bewegungen islamischer Gewaltfreiheit, Berlin 2019/20

Authors

  • geb. 1962, evangelisch; Pastor, Leiter der Diakonie Akademie für Gesundheit und Soziales, Wittenberg; vormals Persönlicher Referent des Militärbischofs im Evangelischen Kirchenamt für die Bundeswehr

  • Dr., München, geb. 1978, muslimisch; Referent für Internationale Studierende und Promovierende der Hanns-Seidel-Stiftung e.V., München

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Leben in Freiheit und Würde: Menschenrechte

Menschenrechte sind in der deutschen Verfassung wie auch in internationalen Konventionen kodifiziert. Religionen sind Nutznießer der dort garantierten Religionsfreiheit und stehen in der Verpflichtung, diese Rechte auch ihrerseits zu unterstützen und zu gewähren. Im Christentum wie im Islam sind Menschenrechte vor allem in der Würde des Menschen begründet. Das Verhältnis von göttlichen Rechtssetzungen und menschlichem Recht führt in einige Sachfragen zu unterschiedlichen Akzenten oder Vorbehalten. In der praktischen Umsetzung von Menschenrechten gibt es weiterhin Defizite, so vor allem in der Gewährung von Freiheiten und Gleichheiten und im Umgang mit Andersdenkenden und religiösen Minderheiten.

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Jesus: Prophet oder Sohn Gottes?

Jesus wird im Christentum als Sohn Gottes bezeichnet, und in der islamischen Tradition ist er ein Auserwählter und Gesandte Gottes. Die unterschiedliche Perspektive auf Jesus von Nazareth führte oft zu einer apologetischen Haltung und pauschalen gegenseitigen Kritik und Ablehnung. In diesem Artikel werden die christliche und muslimische Perspektive differenziert dargelegt. Trotz Eigenmerkmale in der jeweiligen Religion gibt es Erzählungen im Koran über Jesus, die auch in der Bibel zu finden sind. Der Kern der Botschaft Jesu, der Glaube an einen einzigen Schöpfer, ist eine verbindliche gemeinsame Überzeugung, die in diesem Artikel hervorgehoben wird.

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Worauf hoffen wir? Heil in Diesseits und Jenseits

Die Drohung mit dem Höllenfeuer und die Hoffnung auf das Paradies sind Motive, die in vielen religiösen Überzeugungen zu finden sind. Die Lehre von den letzten Dingen wird im Christentum und Islam zwar unterschiedlich dargelegt, hat aber auch Übereinstimmungen in den biblischen und koranischen Vorstellungen. Die historischen Wurzeln des Jenseitsglaubens liegen außerhalb der beiden Religionen und gehen auf ältere Zeugnisse der alten Religionen zurück. In diesem Artikel wird die Endgerichts- Theologie der Auferstehung und des Jüngsten Gerichts aus den Quellen und theologischen Diskursen im Christentum und Islam vorgestellt.

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Den Glauben bezeugen: Zum Verhältnis von Dialog und Mission

Im Christentum und Islam soll der Mensch den Glauben bezeugen und mit Worten und Taten den anderen zum Glauben einladen. Während im Christentum Mission als Bezeugen, Mitteilen, Überzeugen und Menschen für den Glauben gewinnen, gesprochen wird, wird im Islam von Einladung zum Glauben gesprochen. In diesem Artikel wird der Begriff Mission aus den christlichen und islamischen Perspektiven erläutert und in Beziehung zum Dialog gesetzt.

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Partnerschaft, Ehe und Familie

Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über das Phänomen Partnerschaft, Ehe und Familie im Hinblick ihrer Gestaltungsformen sowie aus der islamischen als auch christlichen Perspektive. Beide abrahamitischen Religionen tragen maßgeblich zur Stabilisierung und Versittlichung dieser bei. Nicht zuletzt sind im christlich-islamischen Austausch Unterschiede und Gemeinsamkeiten ebenso zu beachten wie auch Unterschiede innerhalb der christlichen Konfessionen. Relevant werden diese Unterschiede und Gemeinsamkeiten insbesondere bei der Anwendung der deutschen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis des Ehe- und Familienrechts auf andere Länder, wenn eingewanderte Migrant:innen in ihrem Herkunftsland geheiratet haben und ihr Familien- und Erbrecht mit nach Deutschland bringen.

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Muhammad: Vorbild für Muslime – Anfrage an die Christen

Einer der Glaubensgrundsätze des Islams fordert den Glauben an den von Gott berufenen Gesandten und Propheten Muhammad. Als Empfänger und Verkünder der göttlichen Offenbarung, stellt er eine Erstinterpretation der göttlichen Botschaft dar, um diesen eine Gestaltungsform zu geben. Dieser zeichnet sich durch Frömmigkeit, Aufrichtigkeit und seiner Barmherzigkeit aus, der durch seine Lebensführung den Muslim:innen als Rechtleitung gilt.
Der vorliegende Artikel soll aufzeigen, wie die Integration des Propheten Muhammad in die biblische Tradition unter Betrachtung der Eigenschaften und der Lebensweise des Propheten erfolgen kann, da die Anerkennung und Verehrung des Propheten Muhammad seitens der Muslim:innen nicht auf die gleiche Anerkennung seitens der Christ:innen stößt, die bisher nicht dazu bereits waren, ihm die gleiche Wertschätzung entgegenzubringen.

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Ursprung und Ziel: Gott als Schöpfer und Richter

Die Menschen haben sich unaufhörlich über den Sinn des Lebens Gedanken gemacht und Fragen gestellt. Sie haben sich bemüht, zwischen Ursprung und Ziel den Zweck des Daseins zu verstehen. Zu diesen Fragen haben Christentum und Islam sich mehrfach und facettenreich positioniert. In beiden Religionen steht der Mensch durch Gottes Gnade und Zuwendung in einer Beziehung und Vertrautheit mit Gott, die er in Freiheit individuell entfalten oder ignorieren kann. Der Glaube an Gott führt zur Einsicht, dass der Mensch für diese Welt und sein eigenes Leben Verantwortung trägt, der er durch den Glauben und darauf basierender Handlungsweise gerecht werden kann. Einige Aspekte dieser großen Fragen der Menschheit werden in diesem Beitrag thematisiert.

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